Nadia Brönimann

Promi-Transen die Welt verunsichern
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Nadia_B
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#16 Beitrag von Nadia_B » Montag 14. Februar 2005, 13:53

HI Silky

Tja, sieh nur, DU bist gut informiert. Ich habe überhaupt nicht gewusst, das diese Sendung, die ja dann bereits fast 10Monate alt ist jetzt nochmal wiederholt wird.

Ja, dieser Fernsehtext...die werden von den Redaktionen im vorab geschrieben. Jede Sendung, auch wenn sie noch so kulturell scheint, muss schlussendlich Quote bringen. Beim Aeschbacher-Talk gehts um Biografien, Alltagsgeschichten. Da wird dann, wie Du ja siehst, im Kurzraffer biografische "Eckpfeiler" gesetzt. Im Grunde genommen die gleiche Situation wie im DOK.
Eine knappe STunde Film zeigen Einen Knaller nach dem Anderen, was aber real ja im Verlauf von 8Jahren erlebt wurde. Und so ein viel dramatischeres und vom Publikum Anders aufgefasst wird als es wirklich ist. Und hier nur wenige Sätze, was Interviewthemen sind. Und diese sind respektive waren ja halt oft Fremd, Kampf, Entäuschung,...und zuletzt, ja Silky wirft meine Geschichte in den letzten Jahren schon immer wieder in mir die grosse Angstfrage auf, ob dieser neue Körper es wert war diesen Weg zu gehen mit dem für mich sehr hohen Preis, den ich dafür zahlen muss. Das entspricht der Wahrheit und dem muss ich mich stellen. Aber ich denke man muss diese Sendung jetzt am 14. Dezember (...genau an meinem Geburi, lustig) nicht überbewerten. Es ist eine Wiederholung, es wird am Nachmittag gezeigt, unter der Woche. Ich kann es mir nicht vorstellen, das da tausende von Menschen vor dem Bildschirm sitzen. Und, ich kenne ja den Verlauf vom Gespräch, es basiert überhaupt nicht auf quasi Transen-Typischen Klischees. Nein, im ersten Teil des Gesprächs ist vor allem meine Arbeit in Indien das Thema und danach der Umgang, den ich zu mir selber habe im Bezug auf meine doch zum grossen Teil verpfuschte Anpassung, sehr persönlich, von Kurt suptil moderiert. Es wird aus drücklich über mein persönliches Leben und meine Gedanken gesprochen. Ich betone sogar im Gespräch, das ich nur basierend auf meine Geschichte erzähle und dies nicht Allgemeingültigkeit für alle TS hat.
Ich persönlich fand es eines der feinfühligsten Interviews, die ich die letzten 2 Jahre hatte. Es wird klar differenziert zwischen meinem Weg und dem allgemeinen Thema "Transsexualität".
Na ja, insofern kann man diese Vorabzeilen schon zu mir adaptieren. Sie klingen so in Kurzfassung hart, verschoben....aber im Gespräch sind sie eingebettet in andere Themen un in einem anderen Kontext.

Und zudem gibts wirklich Wichtigeres auf der Welt und im Tagesgeschehen resp. Tagesfernsehen als die Nadia beim Kurt Aeschbacher, ist doch so.....:)

En ganz kuschelige Gruess Silky,
Nadia

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#17 Beitrag von TV_Vicki » Dienstag 15. Februar 2005, 13:31

Wenn ich dieses Geschwätz in 20 Min. so lese, dann bekomme ich bald ein Kind.
*echt tragisch*

Morpheus
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#18 Beitrag von Morpheus » Dienstag 15. Februar 2005, 13:32

Zum Teil also wirklich saudumme Kommentare, die die Leute dort im 20min abgeben. Aber das ist nie repraesentativ, da die normalen Leute mit normalen Meinungen eher nix sagen.
Aber das Foto sind wirklich sehr toll aus :).

Dina
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#19 Beitrag von Dina » Dienstag 15. Februar 2005, 13:32

Na ja, wer da nicht betroffen ist, versteht das auch nicht...

Die Kosten von 50'000 Franken hätte sie nicht selber aufbringen können. Irgendwie blieb das an der KK hängen. Teurer Perfektionismus...

Gruss Dina

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Nadia Brönimann die Zweite

#20 Beitrag von Luisa » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:37

Nadia Brönimann die Zweite

Oder die definitive Demontage des Mythus Informationsfernsehen

Werte Freunde und Freundinnen

An dieser Stelle will ich versucht sein meine Impressionen zum Film "Sex Change" von Alain Godet niederzuschreiben. Allen anfangs sei erwähnt das ich kaum über die Naivität verfüge um zu glauben das Glotze heute noch einen Informationswert beinhaltet. So war ich auch kaum überrascht als ich mir jenes Werk von "Alain Godet" zu Gemüte donnerte.

Die Beobachtungen von "Alain Godet" zielten, meiner Meinung nach, einzig in die Richtung der Darstellung einer Person die einem Schönheitsideal nacheifert um kläglich daran zu scheitern. Es gibt kaum so starke Brüche mit der Körperlichkeit wie jene die Transsexuelle durchleben. Das es im besagten Dok um Nadia Brönimann ging war sekundär. Die Darstellung einer schwachen, zerstörten und dem sogenanten Schönheitsdiktat unterlegene Person war gefragt. Und auch Sex sollte keineswegs zu kurz kommen im Film. So zog Alain Godet an allen Registern. Selten sah ich solch eine erniedrigende Darstellung eines Menschen, Zwirbeli (Nadias Büssi) sei dank, das doch noch eine Spur von Liebe dem Film einhauchen konnte. Ansosten schien sich die Person Nadia, in laufe jener Dokumentation, vom Dümmerchen zur seelisch Schwerstkranken zu mutieren.

Es liegt auf der Hand das sich damals "Alain Godet" durch den Film "Traumfrau" von "Paul Riniker"; inspirieren lies um eine erneute Betrachtung eines Scheitern zu inszenieren. Tief wurde in die Trickkiste gegriffen um ein Bild einer dummen, kranken und verirrten Person zu generieren. Nein "Alain Godet" machte keinen Film über Transsexualität und er machte auch keinen Film über Nadia Brönimann sein Hauptinteresse galt der voyeuristischen Ausschlachtung eines Irrtums auf dem Weg zum Schönheitsideal. Ob es ein Irtum war, sei, meiner Meinug nach dahingestellt. Doch "Alain Godet" masste sich an über dies in göttlicher Absolutheit zu urteilen.

Und Nadia welch Interesse konnte sie bewegen in solch tiefe Abgründe zu fallen und sich solche Blösse zu geben? War es um sich greifendes Selbstmitleid oder jene Hoffnung doch noch einen Partner zu finden der sie in den Armen wiegt oder schlicht den Versuch die Verkaufszahlen des Buches die weise Feder etwas in die Höhe zu treiben?

Eine Frage die letztlich nur Nadia Brönimann beantworten kann den ich vermag nicht zu glauben dass diese Person die ich flüchtig kenne so Dumm ist wie sie in Sex-Change dargestellt wird.

So fand ich im Film Sex-Change erneut bestätigt das nur eines Zählt, Blutig rollende Köpfe um der Darstellung einer Ideologie willens.

Informatorische Fakten:
Nadia sagt ihr Geschlechtsanpassungsweg verschlag 50 000.- Franken
Geschlechtanpassung im Uni-Spital kostet ca 20 000.- Franken
Von denen übernimmt die Krankenkasse 90 %
Siehe http://www.transensyndikat.net/geschr/gaop.html

Sonstige jährliche kosten die auf die Krankenkassen abgewälzt werden können: PreOp Transsexuelle ca während 3 Jahren Medikamente ca 1 500.- Franken
Psycho bei Luisa ca 800.- Franken
Bluttest, Untersuchungen 800.- Franken

PostOp Transsexuelle bis zum Tode<br>Medikamente etwa Estrofem 800.- Franken
Untersuchungen 800.- Franken

Wahrlich wir verursachen kosten.
Und was kostet den Kassen ein Skiunfall, eine Geburt, eine Messerstecherei?

Zu Alain Godet

aufgeschnappt von http://www.swissfilms.ch/detail_p.asp?PNr=4672
Geboren 1951 in Zofingen. 1972-76 Studium der Ethnologie an der Universität Basel. Diverse publizistische Tätigkeiten für die «Neue Zürcher Zeitung» und das «Magazin» des Tages-Anzeigers. Seit 1985 Live-Regisseur für Studio- und Carsendungen beim SF DRS. Ab 1990 eigene dokumentarische Arbeiten.

Filmography
1987 -Odds & Ends (short film)
1990 -Reggae und Rassenpolitik
1991 -Tekno: abgespaced mit Ecstasy
1993 -Faustrecht / Fussball-Fieber
1994 -Das Monster in mir
1996 -Heidi im Pornoland -G.O.D. "wenn Bürger für Ruhe und Ordnung sorgen"
1997 -Der Schweizer Ananas-König
1998 -Jagdfieber
1999 -Einmal Schläger " immer Schläger
-Männerspiele
-Blick. Kampf an der Boulevardfront
2000 -Polizeihunde
2002 -Milena Moser: Little American Dream
-Alt und allein - ab ins Heim?
-Music Mavericks
2003
-DJ Bobo Superstar

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#21 Beitrag von Dina » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:40

Ich kenne Nadia ziemlich gut. Sie wollte eigentlich das Thema TS "unter die Leute bringen". Was daraus geworden ist, hat sie nicht vorausgesehen. Die Medien waren stärker als sie, und die Medienpräsenz wurde zur Sucht; auch das Geld lockte, umso mehr als sie keinen "normalen" Job mehr hatte und von der Fürsorge leben musste. Mir hat sie dringend abgeraten, mich mit den Medien einzulassen. Sie scheint begehrt zu sein bei Veranstaltern irgendwelcher Events. Frage mich bloss ob sie Nadia als Person wollen oder "die Transsexuelle".
Und sie steckt bis zum Hals in Terminen, hat für "normale" Kontakte kaum noch Zeit

Von ihren Erfahrungen(auch durch ihr Buch) habe ich viel profitiert. Hätte wohl sonst ihre Fehler auch gemacht. Mein Umfeld war nach dem Coming-out ähnlich desolat wie ihres.

Gruss Dina

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#22 Beitrag von Luisa » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:42

Werte Dina

In der Tat hat Nadia viel bewegt auch in meinem Denken. Auch ich kenn sie Persönlich somit hätte ich auf den laufenden Medienverheiz verzichten können. Was mit all der Medienpräsenz erreicht wurde, insbesondere deren letztere Episode, war für uns Transsexuelle komplett destruktiv. Es wird je länger je mehr ein vollkommen verzehrtes Bild unserer Persönlichkeit gezeigt.

Klar interessieren sich die Medien nur für die Transsexuelle und nicht für den einfachen, angepassten und wo möglich noch, glücklichen Menschen. So was ist doch langweilig die Zuschauer wollen Action und Blut da kommt eine Geschlechtsanpassung mit allem drum und dran ganz gelegen.

Es liegt mir fern Nadia zu verurteilen, zu komplex sind da die Mechanismen. Jedoch urteile ich über Godet und dessen Werk. Und ich Urteile über die Massenmedien die zu einer skrupellosen, letztlich Menschenverachtenden, Maschinerie jenseits jeglicher Grenzen verkommt.

Möge dies unsere Sinne schärfen um dieser wirklich existierender Versuchung zu widerstehen.

Liebi Grüessli

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#23 Beitrag von Dina » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:50

Ich kenne Nadia ziemlich gut. Sie wollte eigentlich das Thema TS "unter die Leute bringen". Was daraus geworden ist, hat sie nicht vorausgesehen. Die Medien waren stärker als sie, und die Medienpräsenz wurde zur Sucht; auch das Geld lockte, umso mehr als sie keinen "normalen" Job mehr hatte und von der Fürsorge leben musste. Mir hat sie dringend abgeraten, mich mit den Medien einzulassen. Sie scheint begehrt zu sein bei Veranstaltern irgendwelcher Events. Frage mich bloss ob sie Nadia als Person wollen oder "die Transsexuelle".Und sie steckt bis zum Hals in Terminen, hat für "normale" Kontakte kaum noch Zeit

Von ihren Erfahrungen(auch durch ihr Buch) habe ich viel profitiert. Hätte wohl sonst ihre Fehler auch gemacht. Mein Umfeld war nach dem Coming-out ähnlich desolat wie ihres.

Gruss Dina

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#24 Beitrag von Dina » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:53

Mich stört nun das Bild das entstanden ist: transsexuell ist wie Nadia, dadurch dass keine anderen TS in den Medien erscheinen. Ich bin jedenfalls ganz anders als sie.

Zuerst war Coco die "Medientranssexuelle" und wurde ausgeschlachtet; als sie tot war wurde Nadia aufgebaut und benutzt. Wer ist wohl als nächste dran...?

Gruss Dina

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#25 Beitrag von Luisa » Mittwoch 16. Februar 2005, 15:55

Werte Dina
Mich stört nun das Bild das entstanden ist: transsexuell ist wie Nadia, dadurch dass keine anderen TS in den Medien erscheinen. Ich bin jedenfalls ganz anders als sie.
Na hoffentlich auch. Auch ich bin komplett verschieden zu Nadia und letztlich zeigt sich das es genau so viele Individuen in Transsexuellen Kreisen gibt wie im Rest der &nbsp;Erdenbevölkerung. Doch die Medien schreien nach einfachen Modellen.
Zuerst war Coco die "Medientranssexuelle" und wurde ausgeschlachtet; als sie tot war wurde Nadia aufgebaut und benutzt. Wer ist wohl als nächste dran...?
In der Tat, dies ist eine berechtigte Frage. Nun ich versuche mich diesem Kreis zu entziehen.
Liebi Grüessli|

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#26 Beitrag von Esther » Dienstag 22. Februar 2005, 23:56

Auch ich hatte mir damals Gedanken zum Film «Sex Change» von Alain Godet über Nadia Brönnimann gemacht, die ich hier - mit 9 Monaten Verspätung - veröffentlichen will.

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Einige von Euch haben sicher den Dok-Film über Nadia Brönimann gesehen. Als Schicksalsgenossin und als Person, die Nadia persönlich kennen gelernt hat, möchte ich einige Dinge in ein wenig ein anderes Licht rücken.

Ich bin erstaunt, dass es möglich ist, dass jemand, der Nadia acht Jahre lang begleitet hat, einen inhaltlich so schlechten Film drehen kann. Das Thema wird völlig unangemessen behandelt und Nadia äusserst einseitig, aus einer fragwürdigen Perspektive gezeigt. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum Nadia ihre Einwilligung dazu gegeben hat, den Film so auszustrahlen. Aber es zeugt von Grösse, dass sie bereit ist, ihre eigenen dunklen Seiten einzugestehen und den Gedanken zuzulassen, dass sie möglicherweise in eine Sackgasse gerannt ist. Ob es sinnvoll, dies vor einer so breiten Öffentlichkeit zu zeigen, ist eine andere Frage. Aber gehen wir den Fragen einigermassen systematisch nach?

Was sagt der Film über Nadia aus?
Gestehen wir dem Dokumentarfilmer Alain Godet mal zu, dass er zumindest den Anspruch hatte, die Realität darzustellen. Und gestehen wir ihm zu, dass es zu diesem Zweck möglich sein muss, kritische Fragen zu stellen. Dann stellt sich für mich aber die Frage, warum wir so schrecklich wenig über den Mensch Nadia erfahren, über ihr alltägliches Leben, ihre Interessen, über das, was ihr am Herzen liegt, was ihr Freude macht und was sie in dieser Welt bewirken will. Statt dessen erfahren wir von unzähligen Operationen, von Depressionen und Schmerzen, von unerreichten Schönheitsidealen und einer unerfüllbaren Sexualität. Was soll dieser Fokus ausschliesslich auf die Schattenseiten von Nadias Leben? Ich habe Nadia nicht acht Jahre lang begleitet, aber ich kenne sie gut genug, um beurteilen zu können, dass das Bild, das im Film von Nadia gezeichnet wird, entstellt ist. Warum wird nicht auch ihr neckischer Humor, ihre Herzlichkeit, ihre Beziehung zu FreundInnen und ihre Tätigkeit beim Lighthouse gezeigt? Warum wird das Leben einer Transfrau als Leidensweg und letztlich als Scheitern verkauft?

Was sagt der Film über den Filmer aus?
Das scheint mir fast die interessantere Frage zu sein, da es ihm ja nicht gelungen ist, Wesentliches über Nadia auszusagen. Er hat sie bloss als ein Objekt seiner Betrachtung dargestellt, über das er sich einige tiefschürfend wirkende Fragen stellt. Mensch beachte das kollegiale Du, mit dem der Autor seinen audiovisuellen Brief an die Adressatin, die gleichzeitig Objekt der Betrachtung war, richtet. Das wirkt nur zynisch. Mit einer Macho-Haltung beschreibt er seine Verwunderung über die ach so merkwürdige Transformation, die zig Operationen, das Streben nach einem perfekten Körper. Er als der souveräne Dokumentarfilmer wälzt genüsslich die Lebenskrisen eines Menschen, der ein bewundertes Sexpüppchen sein wollte und daran scheitert. Das ist wie gesagt nicht mein Bild von Nadia, sondern das was - leicht überspitzt - im Film vermittelt wird.

Welche Fragen stellt der Film?
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann wollte der Film bewusst kritische Fragen zum Thema Transsexualität aufwerfen. Ich zähle einige auf, die auch im Zischtigsclub von SF1 diskutiert werden*:
Kann mit chirurgischer Kunst ein Mann zur Frau gemacht werden? Kann ein falscher Körper der leidenden Seele angepasst werden? Oder wird bei der operativen Geschlechtsumwandlung ein funktionierender Körper zerstört und bleibt eine leidende Seele zurück?
Nun, die operative Geschlechtsanpassung funktioniert ähnlich wie ein Zaubertrick. Sie lenkt vom Wesentlichen, das vorgeht ab, und am Schluss erscheint ein Ergebnis, das verblüffend wirkt. So verblüffend, dass die meisten Leute glauben, das Geschlecht sei umgewandelt worden. Dabei geschieht eigentlich etwas ganz anderes: die Umwandlung findet in den Köpfen der Menschen und nicht an den Geschlechtsorganen der operierten Personen statt. Ein Mann ist nämlich nichts anderes, als was für einen Mann gehalten wird. Eine Frau ist nichts anderes als eine Person, die für eine Frau gehalten wird. Und diese Grenze kann erstaunlich leicht überschritten werden, Ihr könnt es ja selbst mal ausprobieren (z.B. an der 2. Transgender-Party). Nur, das will den Leuten nicht in den Kopf. Die meisten Leute meinen, wer einmal ein Mann sei, sei immer ein Mann. Das Geschlecht, das die meisten Menschen inklusive mir als eine identitätsstiftende Zugehörigkeit ansehen, kann doch nicht an so etwas Belanglosem und Oberflächlichen liegen wie Kleidung oder ob jemand Hormonpillen schluckt. Die Operation bietet einen willkommenen äusseren Anlass, der einschneidend genug ist, um das Faktum anzuerkennen, dass die operierte Person nun dem anderen Geschlecht angehören will.

Meine Ausführungen laufen auf die Behauptung hinaus, dass die geschlechtsangleichende Operation im Wesentlichen eine Placebo-Operation ist. Und zwar ein Placebo hauptsächlich für die Gesellschaft und die staatliche Autorität, die meint, die Geschlechtszugehörigkeit in ihren Registern festschreiben zu müssen. Ein Placebo aber auch für uns Transsexuelle, denn die meisten von uns wollen ja nicht ein Leben lang mit Genitalien rumlaufen müssen, die von allen anderen Menschen als unpassend für das eigene Geschlecht angesehen werden. Mensch stelle sich die gesellschaftlichen Stigmatisierungen, die Schwierigkeiten bei der Partnerwahl, die Auswirkungen auf das eigene Körpergefühl und das Erleben der eigenen Sexualität vor. Das sind wirklich höchst unzumutbare Bedingungen. Es besteht darum auch ein berechtigter Anspruch, dass die Gesellschaft für Massnahmen zur Linderung des Leides transsexueller Menschen bezahlt, schliesslich werden sie durch die allgemeine Vorstellung behindert, dass die Genitalien etwas über das Geschlecht einer Person aussagen.

Im Film angeklungen ist auch die Frage, ob mit der geschlechtsangleichenden Operation nicht in das Handwerk Gottes oder die natürliche Bestimmung gepfuscht wird. - Nun, über die Existenz Gottes kann man sich streiten und ein aufgeklärter Mensch sollte nicht davon ausgehen, dass die Natur irgendwelche Pläne ausheckt, was mit einem Embryo geschehen soll. Sinnvollerweise müsste mensch viel eher fragen, welche medizinischen Eingriffe wir zulassen und wie wir die Mittel einsetzen wollen. Das leitet mich zur nächsten Frage:
Was lernt die Medizin aus den Erfahrungen mit Nadia? Wie riskant ist der chirurgische Eingriff, wie gross die Erfolgsquote? Ist eine befriedigende Sexualität im neuen Körper möglich?
Da müsste mensch z.B. mich fragen. Nun, ich mag mich nicht daran erinnern, dass ich im Verlaufe des letzten Jahres einen neuen Körper erhalten habe. Er scheint mir weitestgehend der gleiche zu sein wie vorher - Irrtum vorbehalten. Riskant? - Ja klar, das Leben ist nun mal halt lebensgefährlich. Erfolgsquote? - Hängt schwer davon ab, was mensch als Erfolg zählen will. Ich plädiere stark dafür, zur Beantwortung die Betroffenen zu befragen. Befriedigende Sexualität? - Ich war mir bewusst, als ich die Operation anstrebte, dass ich riskiere, die sexuelle Erlebnisfähigkeit zu verlieren. Das ist zum Glück nicht passiert. Aber es gibt natürlich schon grosse Unterschiede zwischen männlichem Sexualtrieb und weiblicher Lust. Und es spielt durchaus eine Rolle, ob der Orgasmus nur in einem peripheren Körperteil stattfindet oder ausgehend von der Klitoris den Körper durchströmt. Ob ich jetzt allerdings vergleichbar Lust empfinde, wie eine biologische Frau, kann ich nicht beurteilen. Hauptsache, es gefällt mir besser und ich bin endlich nicht mehr befremdet von der meinem Körper entspringenden Sexualität. Dass auch bei mir Penetration gegenwärtig noch nicht möglich ist oder mit grossen Schmerzen verbunden wäre, ist zwar ein Wermutstropfen, aber auch nicht der Weltuntergang. Das war nicht meine Hauptmotivation für die Operation und abgesehen davon habe ich nie wirklich begriffen, warum Penetration so herausragend wichtig sein sollte.
Warum können Transsexuelle ihre gespaltene Identität nicht akzeptieren? Warum wollen viele Hand an sich legen? Warum suchen sie ihre Erfüllung partout in der Sexualität?
Die letzte Frage ist eine absolute Frechheit! Ich meine, im vorhergehenden Abschnitt dieses Clichee zünftig widerlegt zu haben. Und ausserdem, warum sollen Transsexuelle ihre Erfüllung nicht auch in der Sexualität suchen dürfen? Andere Menschen tun dies ja auch und würden ausgesprochen scharf reagieren, wenn man sie systematisch dabei zu behindern versuchte.

Aus der Begriffskonstellation «gespaltene Identität» im Zusammenhang mit Transsexualismus werde ich nicht ganz schlau. Soll damit gemeint sein, dass mensch Transsexuellen zumuten will, dass sie sich mit den ihrem Körper anhaftenden Geschlechtsmerkmale zufrieden geben und gesellschaftliche Stigmatisierungen hinnehmen sollen? Oder ist sogar die noch weitergehende Forderung damit verbunden, dass sich Transsexuelle gefälligst ein Leben lang verkleiden und verstellen sollen? - An solch absurden Fragestellungen zeigt sich bloss eines: dass die Begriffe, mit denen wir über Geschlechtlichkeit nachdenken, nicht dafür geeignet sind, das Phänomen des Transsexualismus zu erfassen. Wenn wir schon von einem «Spalt» oder einer Diskrepanz reden wollen, dann ist sie anderswo zu verorten, nämlich zwischen Geschlechtsidentität auf der einen Seite und der gesellschaftlichen Rollenzuschreibung andererseits. Wenn nun diese Diskrepanz, die offensichtlich sinnloses Leid verursacht aufgehoben oder zumindest erträglicher gemacht werden sollte, dann stellt sich die Frage, in welche Richtung die Anpassung gehen soll. Allerdings ist das meiner Meinung nach bereits eine Frage zu viel. Die Vorstellung, gegen den Willen der betroffenen Person die Identität anzupassen, ist nicht kompatibel mit dem Konzept der Menschenwürde. Also bleibt eigentlich nur die andere Anpassungsrichtung: Die Leute müssen dazu gebracht werden, die Geschlechtszugehörigkeit der betroffenen Person anders als bisher zu beurteilen. die Fragestellung lautet also korrekt:

«Warum kann unsere Gesellschaft die Existenz von Frauen mit Penis und Männer mit Vagina nicht akzeptieren?» - Eine Antwort darauf habe ich natürlich auch nicht. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass dieses biologistische Dogma irgendwann fallt. Nur bin ich angesichts davon, wie harzig die Gleichstellung der Frauen vorankommt, nicht sonderlich optimistisch in Bezug auf den Zeithorizont. Und in der Zwischenzeit will ich leben, unter möglichst annehmbaren Bedingungen.
Welche Verantwortung haben Film- und Buchautoren wenn sie z.B. Nadia über lange Zeit begleiten?
Das ist die einzig schlaue Frage darunter und da bin ich wirklich gespannt, was die Leute sagen werden.

Mein Fazit: Der Film zu Nadia Brönimann wirft zwar Fragen auf, aber die falschen. Eine wirklich kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Transsexualismus müsste - anstatt die Wünsche von Transsexuellen zu hinterfragen - das Denkkorsett aufschnüren, mit dem wir über Geschlechtlichkeit denken. Von einem Dokumentarfilmer, der Philosophie studiert und die betroffene Person acht Jahre begleitet hat, meine ich dies erwarten zu dürfen.

* Dieser Text wurde vor dem erwähnten Zischtigsclub geschrieben.

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