Photos vernichten ?!?

[Lucy]

Soo mich beschäftigt das schon ein ganzes Weilchen, deshalb will ich die Frage mal hier in die Runde werfen...
Ich denke es existieren von den meisten von uns ob jetzt jung oder alt Photos von früher. Verwandte verwahren die ja nicht selten liebevoll auf. Nur nehme ich an, ich spreche für viele (?), wenn ich sage das dass für Personen in unserer Situation relativ unangenehm sein kann.

Ist es gerechtfertigt, diese Photos ohne Einwilligung aufzusuchen und zu zerstören, wenn dies nicht auf Wunsch getan wird? Verhält sich das eurer Meinung nach bei normalen Photos und welchen, bei denen die Missbildung eindeutig zu sehen ist gleich?

Ich selbst habe letztere restlos vernichtet, spiele aber immer noch mit dem Gedanken, das mit den anderen gleichzutun... Nur weis ich nicht inwiefern das Familienmitglieder, oder andere Personen verletzten würde, wenn ich Ihnen quasi die Erinnerungen auf Papier entreissen würde...

Es ist für mich überaus belastend, zu wissen, das da noch irgendwo Bilder existieren. Wohl genauso, wie es andere verletzen könnte diese zu zerstören... Ich weis echt nicht was ich tun soll

[Andrea_V]

Es ist natürlich eine schwierige Situation, wenn du nicht zu deiner Vergangenheit stehen kannst (ja, irgendwie doof formuliert, aber mir fällt nichts besseres ein)
Viele Leute klammern sich an Erinnerungen und dazu gehören Fotos. Ich weiss noch genau, dass ich in der Pubertät einmal ausrastete als meine Mutter einmal mehr die "Aktfotos" von uns als Kleinkinder hervorsuchte und der Verwandtschaft zeigen wollte. Heute macht sie es zwar nicht mehr, aber es würde mich weniger stören - das soll nur zeigen, dass sich Wertvorstellungen ändern können.
Ich vermute, dass du mit einer solchen Aktion mehr zerstörst als rettest und ob du überhaupt alle Fotos findest ist auch noch fraglich.

Das sind einfach so meine Gedanken, was du tun willst musst du natürlich selbst entscheiden

[A.Ivy]

Ist es gerechtfertigt, diese Photos ohne Einwilligung aufzusuchen und zu zerstören, wenn dies nicht auf Wunsch getan wird?

Nein, ganz klar.

Jeder Mensch hat seine eigene Art mit Erinnerungen umzugehen. Egal ob es um Fotos, Tonträger, Tagebücher, Kleider oder andere Gegenstände geht. Manches wird versteckt aufbewahrt, manches ausgestellt und manches irgendwann auch vernichtet. Wichtig ist, dass die Art des anderen respektiert wird. Und schlussendlich ist es auch aus rein rechtlicher Sicht nicht in Ordnung, den Besitz anderer Leute gegen deren Willen zu vernichten.
Wärst du mein Kind und du würdest dich am meinen Fotos vergreifen, dann würdest du sehr grossen Ärger bekommen. Denn meine Fotos gehören mir und ich empfände es als respektlos und Vertrauen zerstörend, wenn da jemand ran geht.

Wie Andrea schon angesprochen hat, die von dir wahrgenommene Belastung hinsichtlich dieser Fotos kann sich mit der Zeit ändern. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass, wenn du in ein paar Jahren mehr Sicherheit auf deinem Weg gewonnen hast, du mit solchen Elementen aus der Vergangenheit weniger Probleme haben wirst.

Falls diese Fotos von deinen Eltern regelmässig anderen Leuten gezeigt wird, kannst du aber sehr wohl deinen Eltern gegenüber den Wunsch äussern, dass sie dies in Zukunft unterlassen und die Fotos für sich behalten sollen.
So wie du ihren Besitz und die daran gebundenen Erinnerungen respektieren solltest, ist es auch ihre Aufgabe, auf solche Wünsche von dir Rücksicht zu nehmen.

[Lucy]

"Und schlussendlich ist es auch aus rein rechtlicher Sicht nicht in Ordnung, den Besitz anderer Leute gegen deren Willen zu vernichten."

Haaaalt moment mal.... Wessen besitz ist es den genau, wen die Photos eine andere Person zeigen? Geistiges eigentum sicherlich nicht, denn das existiert im Kopf! Physikalisches Eigentum ist auch anzuzweifeln. Wenn öffentlich Fotos gemacht werden haben Alle das recht, zu verlangen sich unkentlich machen zu lassen. Dazu wäre theoretisch auch IMMER eine Bewilligung zur Erstellung von den Fotos erforderlich... Was ändert sich da an der rechtlichen Lage? Das es Fotos aus der Familie sind, dürfte das Gesetzt herzlich wenig interessieren.

Ja ich kann verstehen, wenn ich mit wem Ärger bekomme, jedoch ist die weitere Existenz der Fotos genauso respektlos und Vertrauen zerstörend! Es macht da keinen Unterschied, auf der einen oder anderen Seite wird immer wer beleidigt sein.

"wenn du nicht zu deiner Vergangenheit stehen kannst"
Ich kann zu meiner Vergangenheit stehen, Jedoch hat diese Form der Erinnerungen nun herzlich wenig damit zu tun, Das stellt eher eine schlechte beleidigung als die Vergangenheit dar. Es ist nun wirklich unnötig eine körpeliche Behinderung BILDLICH festzuhalten

"die von dir wahrgenommene Belastung hinsichtlich dieser Fotos kann sich mit der Zeit ändern"
Das kann Sie, wird Sie aber in meinem Fall nicht tun. Die Belastung schwankt nicht und bleibt auch nicht konstant, sondern zeigt einen proportional zunehmenden Verlauf auf. Dieser wird Ihre absolute Spitze nach der Op erhalten... Ich verstehe, das es Fälle giebt wo es ab und an zweifel giebt, ob es das richtige ist. Ich bin kein solcher!
Ich verstehe die existenz von solchen Bildern als Blosstellung meines Körpers, die so nicht existieren sollten bzw. dürfen. Für mich ist das eine Verletzung des Menschenrechts, was ich nicht dulden kann, nicht zuletzt weil ich danach die Folgen zu tragen habe

"ob du überhaupt alle Fotos findest ist auch noch fraglich."
Ich glaube kaum, noch welche übrig sind. Ich habe mich seit ich Reden kann gegen jegliche Fotografiene ausdrücklich geweigert. Viele existieren onehin nicht.

[Lucy]

"dass, wenn du in ein paar Jahren mehr Sicherheit auf deinem Weg gewonnen hast"

Ich glaube kaum, dass "mehr Sicherheit" noch möglich ist. Der Fall ist klar. Und genau deswegen empfinde ich es als so verletzend. Wäre ich unsicher, würde ich die Existenz von sowas zulassen.

[A.Ivy]

Als kleine Voranmerkung dazu: Ich fotografiere seit Jahren an Konzerten und anderen Veranstaltungen. In diesem Zusammenhang musste ich mich auch schon mit der Rechtslage von Fotografen und abgebildeten Personen befassen. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber habe doch einige Kenntnisse.

Wessen besitz ist es den genau, wen die Photos eine andere Person zeigen?

Es ist meiner Einschätzung nach aus rechtlicher Sicht ziemlich klar der Besitz deiner Eltern. Es ist dabei egal, ob sie selbst, du oder sonstwer auf den Fotos abgebildet ist.

Wenn öffentlich Fotos gemacht werden haben Alle das recht, zu verlangen sich unkentlich machen zu lassen. Dazu wäre theoretisch auch IMMER eine Bewilligung zur Erstellung von den Fotos erforderlich...

Wenn das Foto veröffentlicht wird... genau das ist der springende Punkt. Verwendung von Fotos im privaten Bereich gilt nicht als Veröffentlichung. Deswegen kannst du in diesem Falle auch nicht verlangen, unkenntlich gemacht zu werden.
Das mit dem Einholen der Bewilligung ist eher etwas, wo deine Argumentation rechtlich greifen könnte. Aber dazu müsstest du womöglich beweisen, dass sämtlich dieser Fotos schon zu jenem Zeitpunkt (nicht aus heutiger Sicht) gegen deinen Willen gemacht wurden. Du hast zwar geschrieben, dass du dich immer dagegen gewehrt hast, fotografiert zu werden, aber es kann wirklich sein, dass dies keine Rolle spielt, weil dein Eltern damals deine Rechtsvertreter waren.

Was ändert sich da an der rechtlichen Lage? Das es Fotos aus der Familie sind, dürfte das Gesetzt herzlich wenig interessieren.

Doch, das tut es. Im Gesetz wird die Verwendung im privaten Rahmen (Familie gehört da dazu) anders geregelt als kommerzielle Veröffentlichungen (Link).

Soweit zum trockenen, rechtlichen Teil .

Ich glaube kaum, dass "mehr Sicherheit" noch möglich ist. Der Fall ist klar. Und genau deswegen empfinde ich es als so verletzend. Wäre ich unsicher, würde ich die Existenz von sowas zulassen.

Ich meinte nicht Sicherheit im Sinne von Überzeugung über die Richtigkeit des Weges. In diesem Punkt machst du auf mich einen völlig überzeugenden Eindruck und keinesfalls möchte ich dir Unsicherheit in deinen Entscheidungen unterstellen. Eher meinte ich Sicherheit im Sinne von Gewohnheit und Erfahrung. Mit 16 Jahren hattest du bisher halt noch nicht die Möglichkeit, gross dein eigenes Leben zu gestalten und distanziert auf das Aufwachsen zurück zu blicken.
Ich werd bald 30 und mir ist es erst in den letzten paar Jahren gelungen ein eigenständiges und zufriedenstellendes Leben aufzubauen (seit meiner Kindheit habe ich mit gesundheitlichen Problemen zu tun, die nichts mit der Trans-Thematik zu tun haben). Aber seit ich das habe, kann ich mit viel mehr Ruhe auf die Vergangenheit zurück blicken. Es ist einfach egal geworden, mit welchen Problemen ich mich rumschlagen musste, welche Leute mir auf die Nerven gegangen sind und ob heute noch irgendwas aus jener Zeit existiert.
Und das meinte ich damit, dass es dir womöglich auch bald mir nicht mehr so wichtig sein wird, was in der Vergangenheit war und ob irgendwer noch Fotos aus jener Zeit haben wird. Zumindest wünsche ich dir das .

[Lucy]

"die nichts mit der Trans-Thematik zu tun haben"

Phuu wens bei mir nur das wäre. Ich hatte in meiner Kindheit 2 weitere ebenso tiefe Einschnitte in mein Leben. Mir ist wohl dadurch der Grossteil der Menschheit egal geworden... Leider wie ich sagen muss... Aber die Fotos sind was persönliches, und ich bin mir selbst nicht egal. Ich hoffe auch, das sich diese Einstellung nicht ändern wird, auch wenn das bedeutet, mich wegen jeglichen physikalischen Erinnerungen in Rage zu versetzen.

[Andrea_V]

Juristisch gesehen ist das Recht am eigenen Bild eingeschränkt. Ich kann nicht verlangen, dass Bilder von mir vernichtet werden. Ich kann allerdings verbieten, dass sie veröffentlicht werden, aber auch das ist je nach dem eingeschränkt. Wenn an z.B. an einem CSD oder an der Streetparade Fotos von mir gemacht und veröffentlicht werden, habe ich keine Chance.

Allerdings sind die Vorträge zu dem Thema auch schon eine Weile her und so genau erinnere ich mich nicht mehr.

[Alecs]

Silky, das war im Groben recht gut. Das wichtigste jedenfalls: die Rechte von verschiedenen Leuten sind da im Spiel. Meistens werden das die abgelichtete Person, die Fotografin und der Eigentümer sein. Mehr in die Details geh ich jetzt nicht, Recht an Fotos ist n ziemliches Feld von Fällen, die unterschieden werden.
Ich glaube aber auch, dass es in deinem Fall gar nicht so sehr auf die Rechtsfragen ankommt, sondern auf eine Verständigung zwischen dir und deiner Familie, den Verwandten. Versuche doch in Ruhe und ohne verbalen Vorschlaghammer ihnen beizubringen, dass es dir höchst unangenehm ist, dass es Fotos von dir von früher gibt. Und zusammen eine Lösung zu finden, die für alle lebbar ist.