Coco suchte vergeblich

Die bekannteste Transsexuelle der Schweiz hat sich das Leben genommen

VON WALTER AESCHIMANN 27.09.98

Evilard BE - Coco, die berühmteste Transsexuelle der Schweiz, ist tot. Ihre Lebensgeschichte ist geprägt von der verzweifelten Suche nach einer eigenen Identität.

«Meine grösste Leistung ist», sagte Coco immer wieder, «dass ich noch am Leben bin.» Letzten Freitag wusste sie nicht mehr weiter. Die gebürtige Bernerin Eve-Claudine Lorétan, alias Coco, 29, wurde an diesem Tag gegen 15 Uhr in der Wohnung einer befreundeten Familie in Evilard bei Biel gefunden. Sie hatte sich erhängt.

«Coco hat immer nach einer Identität, nach einer Aufgabe gesucht und doch nie gefunden», sagt Paul Riniker. Der Dokumentarfilmer hatte Coco mit einem Schlag berühmt gemacht, als er 1990 den Film «Traum Frau» über sie drehte. Es war die Geschichte ihrer Umwandlung von einem Mann zur Frau. Seither wurde sie als berühmteste Transsexuelle der Schweiz von den Medien verfolgt.

Doch ihre Tragik, ihre seelische Zerrissenheit, wurde nicht erfasst. Coco blieb einsam und hatte Schmerzen, verursacht durch Knochenschwund. Sie lebte von einer Invalidenrente. Versuche, sich eine eigene Existenz aufzubauen, endeten im Debakel.

Vor einem Jahr geriet sie in die Schlagzeilen des Boulevard. Seitenlang wurde ausgebreitet, dass sie im Lack- und Leder-Milieu ihren Lebensunterhalt verdiene. «Das hat Coco schwer getroffen», sagt Béatrice Lang, ihre Freundin und Fotografin. Auch in Wien und im Wallis fand Coco ihr Glück nicht In diesem Frühjahr ging sie unter dem Namen Patricia ins Exil nach Wien. Sie wollte an der Universität eine Ausbildung als Webmasterin absolvieren. Ausgebrannt kehrte sie im Sommer in die Schweiz zurück und begab sich nach Brig in die psychosomatische Abteilung des Oberwalliser Kreisspitals. Wochen später wurde die Behandlung abgeschlossen, und sie wohnte in Brig bei einem befreundeten Künstler.

Das heterosexuelle Glück hat Coco, die in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen war, auch dort nicht mehr gefunden. Als sie im Wallis wegen Belästigung Minderjähriger angeklagt wurde, flüchtete sie erneut. Sie trennte sich von ihrem Freund und begab sich ein letztes Mal auf die Suche nach sich selbst.

Seelisch aufgespalten zwischen Männer- und Frauenkörper, deprimiert nach Drogenexzessen und Orgien in fremden Betten, zerbrach sie daran, dass sie als Persönlichkeit nie wirkliche Beachtung fand. Sie blieb im Grunde ein schriller Partygag. Ihre Einsamkeit nahmen nur wenige wahr.

Eine letzte Chance, ihrem Dasein einen Sinn zu geben, sah sie in der Zusammenarbeit mit der Fotografin Béatrice Lang. Unter dem Titel «Suicidal tendencies» starteten die beiden ein Millenium-Projekt. Sie wollten Ausgestossenen der Gesellschaft Achtung verschaffen , ehe es zu spät sein könnte. Ein weiteres Projekt für die Expo.01, Transsexualität zu thematisieren, wurde kürzlich ohne Begründung abgelehnt.

Cocos Schicksal ist exemplarisch für Transsexuelle. Eine Studie an der Universität Basel, Abteilung klinische Psychologie, zeigt auf, dass Transsexuelle auch nach dem operativen Eingriff in ihrem neuen Körper kaum neues Glück finden. Sie bleiben Heimatlose in einem Leben, das einer heiklen Gratwanderung gleicht. Die Selbstmordrate liegt denn auch bei enormen 80 Prozent.

Peter Schmid, der Untersuchungsrichter des Amtes I Berner Jura-Seeland, hat Cocos Leiche nun ins Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern überweisen lassen. «Im Moment gehen wir von einem Suizid aus», sagt Schmid. Fremdeinwirkungen konnten nach einer ersten Untersuchung nicht festgestellt werden. Je nach dem Ergebnis in Bern wird später möglicherweise eine Obduktion vorgenommen.

Ob sie die Umwandlung nochmals machen würde, hat Paul Riniker Coco damals in seinem Film gefragt. «Nein», hat sie geantwortet, lieber würde sie sich umbringen.

Quelle: http://www.sonntagszeitung.ch

WARUM, COCO, WOLLTEN SIE KEIN MANN SEIN ?


Ein Interview von Sabine Lenz.

Coco, 22, Transsexuelle, liess sich vor anderthalb Jahren operativ von einem Mann zu einer Frau umwandeln. Am 17. Oktober, 22.20 Uhr, laeuft im Schweizer Fernsehen ein Dokumentarfilm von Paul Riniker ueber Cocos Leben.

Seit Sie sich erinnern koennen. wollten Sie ein Maedchen sein und kein Junge. Seit Sie sich erinnern koennen. rebellieren Sie dagegen. das zu sein. wofuer man Sie haelt. Kann man einen solchen Zwiespalt wegoperieren?

Nein, das kann man nicht. Wenn da ein Ort auf der Welt waere, wo es nicht mehr Mann oder Frau gibt sondern nur noch Androgynitaet, dann wuerde ich dort leben wollen. Da waere ich ohne Zwiespalt.

Wenn Sie androgyn sind. warum dann ein Frauenkoerper statt eines Maennerkoerpers? Wo ist der Gewinn? Der weibliche Koerper ist in aller Zwiespaeltigkeit doch die bessere Annaeherung an mein Wesen. Es war fuer mich nie eine Frage, dass ich in meiner Identitaet weiblich bin, und trotzdem kann ich mich als Frau sehr stark mit maennlichen Eigenschaften identifizieren. Gerade im letzten Jahr, nach der Operation, habe ich mich ueber Sexualitaet in meiner neuen Rolle bestaetigen muessen und Dinge gemacht, die sich fuer eine Frau nicht gehoeren. Ich bin erst seit einem Jahr Frau, ich hab was nachzuholen.

Als Frau rebellieren Sie gegen die Frauenrolle. so wie Sie frueher als Mann gegen die Maennerrolle rebelliert haben.

Ich bin eine transsexuelle Anarchistin.

Auf Ihren Kinderfotos sieht man Sie als einen ausserordentlich schoenen femininen Knaben mit grossen melancholischen Augen. Heute. mit 22 Jahren. sind Sie eine auffallend schoene Frau. Welche Rolle spielt die Schoenheit in Ihrem Schicksal?

Frueher haben die Leute zu meiner Mutter gesagt: "Mein Gott, Frau Loretan, habt Ihr eine schoene Tochter." Auch wenn sie wussten, dass ich ein Bub war, schien es irgendwie zwingend, mich als Maedchen zu bezeichnen. Ich hatte das gar nicht gerne, obwohl ich gleichzeitig darauf beharrte, mit lackierten Fingernaegeln, geschminkt und mit Peruecke in den Kindergarten zu gehen. In der Schule dann, wo jeder mich gut kannte, wurde ich nur noch als Bub angesprochen, was mich auf das fuerchterlichste gekraenkt hat. Im Kindergarten habe ich in der Puppenecke gespielt, in der Schule habe ich Erfindungen gemacht mit dem Matador, habe eine Salzabbaumaschine gebastelt, mich mit Frsschen abgegeben und bin auf Baeume geklettert. Trotzdem hatte ich ueber Buben ein abschliessendes Urteil: sie sind dumm, grob und bloed. Ich war bei ihnen ausgeschlossen, wurde verpruegelt, kam mit blutiger Nase, zerschlagener Brille, gebrochenem Schluesselbein nach Hause.

Der einzige Junge, mit dem ich mal befreundet war, das war ein ganz fetter, hat zuhinterst gesessen und immer Papa Moll-Hefte gelesen. Den hat man spaeter nicht in die RS gelassen, weil er zu dick war, um in eine Uniform zu passen. Dieser Junge war wohl geschlechtlich auch so ein Grenzgaenger wie Sie. Aber kommen wir zurueck zum Thema Schoenheit. Was bedeutet es fuer Sie. mit solcher Schoenheit ausgestattet zu sein?

Wenn ich selbst einen Menschen treffe, der sehr schoen ist, koennte ich ihn stundenlang anschauen, einfach anschauen, Balsam. Ich selbst fand mich haesslich und hatte Komplexe. Spaeter sagte man mir, ich wuerde mal ein Frauenheld, die Maedchen wuerden mir nachlaufen. Ziemlich schnell habe ich gemerkt, dass mir die Maedchen eigentlich weniger nachgelaufen sind, und dass ich es auch lieber hatte, wenn mir die Buben nachgelaufen sind. Das, was andere frueh an mir bemerkt haben, diese erotische Schoenheit, das habe ich selber erst nach der Operation gesehen.

Das glaube ich Ihnen nicht.

Ja, ja, vielleicht auch nicht (windet sich, lacht). Doch, oft finde ich mich so verlebt, so kaputt, gar nicht schoen, schraege Schnurre und schraege Zaehne. Frueher hatte ich noch die lange Nase von meinem Vater, sah aus wie Pinocchio. Deshalb hat sie auch wegmuessen, alles, was maennlich vorstand, hat wegmuessen. Was ich langsam weiss, ist, dass ich schoene Augen habe. Sie wirken mehr als alles Reden. Meine Augen sind mein zweiter Mund geworden. Wenn man als Frau in einem Maennerkoerper geboren wurde, so wie ich, ist es ein Vorteil, schoen zu sein. Denn nach der Geschlechtsanpassung (die Operation ist ja keine Geschlechtsumwandlung sondern eine Anpassung an das, was man ist), ist es ein Handicap, wenn man aeusserlich viele maennliche Attribute hat. Eine Frau mit eckigem Kopf und Bartstoppeln faellt einfach auf, eine Frau mit Haaren auf der Brust

..Haben Sie das Problem nicht. weil Sie hormonell behandelt werden?

Man kann durch die Hormonbehandlung nichts rueckgaengig machen, was schon da war. Ich hatte nie Haare auf der Brust.

An den Beinen?

Weniger als Sie. Solche Transsexuelle mit ausgepraegter Behaarung haben es schwer; sie werden viel schneller erkannt. Mein einziges Erkennungsmerkmal ist meine tiefe Stimme oder wenn ich zu sexy und aufgetakelt rumlaufe. Da denkt man schnell, dass da keine Frau dahintersteckt.

Schoenheit und Trauer strahlen Sie aus.

Edgar Allan Poe sagt, die schoenste Schoenheit sei die melancholische. Manchmal verfluche ich meine Schoenheit. Manchmal wuensche ich mir, ganz normal und gluecklich zu sein. Aber ich weiss, dass ich es gar nicht ertragen wuerde, gluecklich zu sein. Ich glaube, ich habe eine grosse Leidensfaehigkeit. Das hat sich auch durch die Operation nicht wesentlich geaendert.

Wo sind Sie zu Hause. in welchem Milieu?

Wenn man so extrem Grenzen ueberschreitet wie ich, dann kommt man ins Niemandsland, dann hat man eine Freiheit ohne Rahmen. Aber da ich ja aus keiner buergerlichen Familie stamme, sondern schon vom Elternhaus her soziales Ausgeschlossensein und Einsamkeit kenne, ist es fuer mich normal zu spinnen. Ich finde es herrlich zu spinnen, und wenn man nichts mehr zu spinnen hat, muss man sich wieder etwas erfinden.

Auf welche Weise haben Sie zu Hause qesponnen?

Auf meinen Vater bin ich gestanden, haette nichts dagegen gehabt, mit ihm was zu haben (lacht), mit meiner Mutter hatte ich mehr Schwierigkeiten.

Im Film tauschen Sie die Liebeserklaerungen mit Ihrer Mutter aus. nicht mit Ihrem Vater. Ist das anders geworden. seit Sie operiert sind?

Ja, natuerlich, jetzt geht's viel besser mit ihr. Heute kann ich meiner Mutter sagen "ich liebe Dich". Das habe ich frueher nie gekonnt, obwohl sie immer wollte, dass ich es sage.

War die Atmosphaere in Ihrer Familie von Sexualitaet erfuellt?

Ja, ich glaube schon. Sexuelles ist in unserer Familie sehr offen gelebt worden. Einerseits sind wir liberal, im Geist der 68er Jahre erzogen worden, andererseits hat die Sexualitaet viel bei uns kaputtgemacht. Wenn die Beziehungen zu frueh und zu deutlich ueber die Sexualitaet ausgelebt werden, dann merkt man das spaetestens in der Pubertaet. Bei einem Juengling ist die sexuelle Erregung ja sichtbar, und wenn das fuer ihn eigentlich etwas sehr Problematisches ist, dann hat er Angst, dass andere das sehen koennten, und vor allem Schuldgefuehle, dass er ueberhaupt erregbar ist, wo er es nicht sein moechte. Frauen haben Macht ueber die Sexualitaet des Mannes. Sie koennen ihn reizen und erregen, und selber behalten sie die Kontrolle. Frauen koennen sich tarnen, man kann ihnen ihre Geilheit nicht beweisen, ein Mann aber kann nichts verleugnen.

Wollten Sie eine Frau werden. damit Sie Ihre sexuelle Erregung besser verstecken koennen?

Ja, als geile Frau lebt es sich besser denn als geiler Mann. Ich musste mich der maennlichen Sexualitaet entledigen, weil sie mir zuviel Schuldgefuehle gemacht hat. Jetzt habe ich zu Frauen ein gutes Verhaeltnis.

Wie ist Ihr Verhaeltnis zu Maennern?

Ich brauche sie sexuell und fuer nichts sonst. Ich will sie benuetzen und nachher fallenlassen, da ist gleichzeitig Hass und Erregung. Ich muss eine Frau sein und wie eine Frau aussehen, um diese Gefuehle gegenueber Maennern ausleben zu koennen. Das ist fuer mich alles noch sehr neu, und ich bin gerade daran, mich als Frau in der Sexualitaet, kennenzulernen. Darum muss ich so viel davon reden und natuerlich auch ausprobieren, ,sonst passiert ja nichts. Im Moment schlage ich noch ueber die Straenge. Im Moment bin ich ein bisschen wie ein Macho, ziemlich dominant und burschikos. Ich lebe die Sexualitaet, gemessen an den gesellschaftlichen Normen, eher maennlich aus. Vielleicht kann ich nur als Frau zu meiner Maennlichkeit stehen, ohne Schuld und Selbsthass. Ich denke aber, dass die Phase von Quick Sex und Aufriss bald einmal vorueber ist, das ist ja schliesslich auch laestig.

Keine Rede von Liebe?

Das sind doch zwei ganz verschiedene Ebenen. Es gibt eine geil sexuelle und eine beziehungsbetonte erotische Ebene. Frauen haben Muehe, wenn ich ueber die erstere spreche, Maenner verstehen das viel besser.

Sagen Sie etwas zu der zweiten Ebene.

Als Frau zelebriere ich die Sexualitaet. Ich brauche mit meinem Liebespartner viel mehr Zeit und Stimulation als frueher. Es muss alles mehr stimmen. Fuer einen Mann ist es viel einfacher, zum Orgasmus zu kommen: ein paar Kunstgriffe und schon kommt es den Typen. Bei mir war das schon vor der Operation anders. Durch die Hormonbehandlung bin ich feinfuehliger und in meinem Erleben ganzheitlicher geworden. Eine maennliche Orgasmusfaehigkeit ist nicht dasselbe wie eine weibliche - wenn das jemand vergleichen kann, dann bin ich es. Wenn die Maenner wuessten, was man als Frau fuer Orgasmen erleben kann, gaebe es sehr viel mehr Transsexuelle.

Welch seltene Kompetenz. maennliches und weibliches Erleben aus eigener Erfahrung vergleichen zu koennen.

Auch wenn es da einiges zu relativieren gaebe, schreiben Sie es so hin, das regt zum Denken an.

Wenn man sich kuenstliche Brueste machen laesst und den Penis nach innen stuelpt, um eine Scheide daraus zu bauen, ist dann aus einem Mann eine Frau geworden?

Sie vergessen die Hormone. Ein Griff ins Hormonkistchen und ich koennte sogar Kinder saeugen, es kaeme Milch. Gebaeren koennte ich natuerlich nicht, aber es gibt ja viele Frauen, die keine Kinder bekommen, und sie sind auch Frauen. Vielleicht hat eine Frau etwas UrMuetterliches, was ich in dieser Art nicht habe. Ich bin androgyn, meine Identitaet ist nicht das Frau-Sein sondern die Annaherung an das FrauSein. Der Illusion vom Frau-Sein nachJagen, das ist mein Beruf.

Haben Sie noch andere Berufswuensche?

Mein Traum ist die Buehne. Meine eigentliche Leistung aber ist, dass ich immer noch lebe. Bei den Transsexuellen betraegt die Selbstmordrate 70-80%. Wenn ich es schaffe, nicht durch Freitod zu enden, sondern jeden Tag trotz meiner Depressionen weiterzumachen, dann habe ich viel geschafft.

Was deprimiert Sie so sehr?

Mein Weg kommt mir manchmal selbstzerstoererisch vor. Du spuerst, du hast eine bestimmte Richtung eingeschlagen und weisst, wo sie hinfuehrt, und du versuchst immer wieder, sie zu aendern_ und schaffst es nie. Das ist ein Teil meiner Trauer, dass ich gesund und normal sein moechte und in einer stabilen Beziehung aufgehoben sein, und doch weiss ich, dass ich auf eine schockierende Art altern und enden werde. Es ist eine Tragik, wenn man wegen der Schoenheit, der Jugend und der Potenz hochgeJubelt wird; mit diesem Mythos muss man dann altern. Das Schicksal von schoenen und starken Frauen, die auf der Buehne standen: im Alter bleibt ihnen Laecherlichkeit, Einsamkeit und Verbitterung. Man schliesst sich von der Gemeinschaft aus, wenn man in die Extreme geht. Ich habe keine andere Wahl, als Grenzen zu ueberschreiten, und komme fast daran um. In meiner kindlichen Vorstellung, als die Welt noch eine Scheibe war, bin ich ans Ende der Welt gegangen und von ihr runtergesprungen, und da war Nichts. Ich bin eigentlich gar nicht mehr ganz da.

Was ist das buergerliche Leben, nachdem Sie manchmal Sehnsucht haben?

Ein Rahmen an Unfreiheit, der einen haelt und traegt. Ich habe die Grenze meines Geschlechtes ueberschritten, ich akzeptiere keinen Rahmen mehr. Mit der Unfreiheit zu leben ist leichter als mit der Freiheit. Ich hatte auch mal eine buergerliche Lebensperspektive: ich habe Matur gemacht und koennte jetzt studieren. Aber mit der Transsexualitaet habe ich von jedem buergerlichem Traum abgehoben und fliege in meinem Raumschiff immer weiter und bin dann eben mit 50 die alte durchgedrehte Schrulle. Es gibt fuer das, was ich bin, keinen Ort, nicht in mir und in der Welt nicht.

Welche Bedeutung hat die Operation heute fuer Sie?

Ich habe sie ueberschaetzt, aber ich musste sie Wachen, um das zu erkennen. Die Annaeherung an eine Grenze haelt mich am Leben, nicht das Erreichen und ueberschreiten. Die Vorstellungen sind geil, nicht die Ausfuehrungen.

Das Interview erscheint, danach kommt im Fernsehen ein Film ueber Sie. Haben Sie keine Angst, sich mit einer solch intimen Problematik einer unbekannten oeffentlichkeit Preiszugeben?

Ich befuerchte die aggressiven Reaktionen von Leuten, die sich betroffen fuehlen, ohne es verarbeiten zu koennen. Davor habe ich schon Angst, dass Unwissen und Unsicherheit umschlagen in Abwehr und Aggression.

Leonardo sagt: "Man hat kein Recht, etwas zu lieben oder zu hassen, wenn man sich nicht eine gruendliche Erkenntnis seines Wesens verschafft hat."

Genau

Quelle: http://fanclub.etoy.c3.hu/tanksystem/suite-tank/digital.html