Rede zum Transgender Remembrance Day 2013 (Berlin, Zara Paz)

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ZeroPassing
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Rede zum Transgender Remembrance Day 2013 (Berlin, Zara Paz)

#1 Beitrag von ZeroPassing » Donnerstag 21. November 2013, 19:22

(deutschsprachiger Teil)

Liebe Leute,

wir haben uns heute hier versammelt, um all derer zu gedenken, deren Leben transphober, dragphob, interphob oder genitalistischer Gewalt zum Opfer gefallen sind, all der auf Grund ihres Geschlechts, angeblich "gender untypischem" Verhaltens oder körperlicher Auffälligkeit in Bezug auf ihr Geschlecht weltweit ermordeten.

Wir zählen in diesem Jahr offiziell 1374 ermordete Personen, das sind mehr denn je gezählt wurden und die Behauptung, dass sich wirklich spürbar etwas geändert habe oder die Situation von als Transmenschen, Drags, Inter und falsch zugewiesen Bezeichneten inzwischen akzeptabel geworden sei und die Vorurteile gegenüber uns abgebaut worden wären, diese Behauptung wird spätestens beim verlesen diese Zahl an Ermordeten in äußerste Zweifel gezogen.

Es gibt tausende von Ausreden, Ausflüchten und Lügen in der weltweiten Machtpolitik, den Mainstreammedien und auch unter uns, um die Gewalt, Ausgrenzung und Vorurteile gegenüber uns zu ignorieren, relativieren oder sich gar schön zu reden, zu behaupten sie sei vom Himmel gefallen, gottgewollt oder natürlich, doch wie wir sehen, hat dieses öffentliche und zwischenmenschliche Wegschauen und Vertuschen seine Folgen. Es kostet nicht nur unsere Kraft, Nerven, einen großen Teil unserer Selbstbestimmung und dass wir uns angstfrei und selbstverständlich in der Öffentlichkeit bewegen könnten, sondern es kostet auch unzählige Menschenleben.

Ich möchte heute mit euch nicht nur derer gedenken, die von verblendeten, hasserfüllten Menschen ermordet wurden und die deshalb auf den Listen des Trans Murder Monitoring Projekts auftauchen und Menschen dazu veranlassen, Vereine wie diesen und zum Beispiel den neu gegründeten Verein "Stop trans genocide" zu gründen, sondern ich möchte euch auch an die vielen Menschen erinnern, die wegen struktureller Gewalt, Ausgrenzung und der Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen keinen anderen Ausweg sahen als sich selbst zu töten.

Im Mai diesen Jahres wurde z.B. der Fall von der 32 Jährigen Lucy Meadows bekannt, die öffentlich vom Reporter Richard Littleton gemobbt wurde und trotz oder vielleicht wegen ihrer Stellung als Lehrerin keine andere Ausflucht aus dieser öffentlichen Schikane und Aufhetzung ihres Umfelds sah als sich umzubringen.
Was genau war ihr Vergehen? Nichts weiter als dass sie mit einem Penis geboren worden war.

Lucy Meadows ist in diesem Fall leider eine von vielen, sie taucht auf der Trans Murder Monitoring Liste nicht einmal auf, die Daily Mail bestreitet erfolgreich ihre Verantwortung an ihrem Tod trotz aller offensichlichen Indizien und gegenteiliger Aussagen ihres Umfeldes, wahrscheinlich wird dieser Hetzartikelserie die nächste und übernächste folgen und auch hier in Deutschland spottet die Bild über eine Frau die sie "den rosa Riesen" nennt und benennt eine Frau in ihrer Zelle, die einen Selbstmordversuch begangen hat als Mann, spotten die Orsons über Monika, deren Verletzung ihrer Privatshäre und öffentliche genitalistisch und normativ geführte Zurschaustellung durch ein Schreiben der NPD an die BILD-Zeitung begonnen hat bevor sie von dieser Hetzgruppe mit anderen Textzeilen wie "ich bin ein Gangstarapper und erschieße ein paar Transen" freudig aufgenommen wurde sogar zum Antritt für die Vorausscheidung zum Grand Prix im Fernsehen. Aber man muss nicht erst öffentlich durch die Medien oder eine überall gefeierte Popgruppe gemobbt, falsch dargestellt oder als vermeintliche Lachnummer präsentiert werden, weil man durch ein bestimmtes Körpermerkmal wie Hautfarbe, Genitalienbeschaffenheit oder Chromosomensatz auffällt, um möglicherweise zu verzweifeln, ständigen genitalistischen oder sonstigen körperhierarchischen oder sexistischen Attacken ausgesetzt zu sein, den Arbeitsplatz und den Mut zu verlieren.

Leider gibt es auch unzählige Strukturen, Gesetze, Verordnungen und Menschen, die uns alle bekämpfen, aussondern und unterdrücken wollen oder so tun als sei es unmöglich oder das Ende der Welt, wenn man uns als gleichberechtigte Menschen, normale Männer, normale Frauen, normale Transgender, Genderqueers oder anderes, was auch immer jemand von uns eben ist, behandeln würde und ohne uns ungefragt überall Stempel wie "Geschlechtsidentitätsgestört", "als Frau geboren", "unnormal", "triebgesteuert", "pervers" oder "sexuelles Freiwild" aufzudrücken.

Wir werden später die Namen all derer vorlesen, die in diesem Jahr zwischen diesem und letztem Oktober transphoben, dragphoben, interphoben oder genitalistischen Morden zum Opfer gefallen sind, die bekannt und festgehalten wurden, das ist sicher nur die Spitze des Eisbergs. doch damit gedenken wir symbolisch auch all derer, die vorher, unentdeckt oder aus ähnlichen Gründen wie struktureller Gewalt Opfer solcher Gewalt wurden.

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Es wird nun noch einen musikbeitrag von Zustand D. geben, der die Trauer, Wut und Empörung dieses Gedenkens zum Ausdruck bringen soll. Danach werde ich die Namen aller Ermordeten verlesen und euch zum Gedenken auffordern.
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Bevor ich dir Namen gleich verlese und euch alle um Gedenken und Ruhe bitte, möchte ich noch daran erinnern, dass wir eine Gemeinschaft sind, die ein ähnliches Los teilen. Wir sind alle betroffen von struktureller, meistens auch direkter Gewalt wegen unseres Geschlechts, unserer Körper, unserer Kleidung oder ähnlichen Dingen, man bezichtigt uns, krank zu sein, anders zu sein oder auffallen zu wollen und das vielleicht schon seit wir denken können.

Wir sind uns bestimmt nicht in allen Punkten einig, wie wir Geschlecht definieren würden, vielleicht nichtmal ein einem, wir definieren uns fast alle unterschiedlich, wollen vielleicht nicht zusammen in eine Gruppe gepfercht werden und schon garnicht, dass man einen Unterschied macht zwischen uns und anderen Menschen, dass man uns wegen unserer Körper das Geschlecht aberkennt, dass man überhaupt irgendein Geschlecht offiziell nicht anerkennt und irgendwelche beschissenen Normen aufstellt, die besagen, dass man nur mit diesem oder jenem Körper, Aussehen oder sonstigem Merkmal einem Geschlecht angehören darf oder muss.

Ich zum Beispiel wehre mich mit Händen und Füßen dagegen, dass man mich als transsexuell, transgender oder biologischen Mann bezeichnet oder in solchen Gruppen verallgemeinert, nur weil ich mit einem Genital geboren wurde, dass man als Penis bezeichnet hat, jedesmal tut es mir weh und erinnert mich an die viele Gewalt, die Ausgrenzung und den Hass, der mir entgegengebracht wurde in meinem Leben und den sicherlich noch öfters bis an mein Lebensende zu spüren bekommen werde, sobald jemand mir wieder meint, solche Stempel auf den Kopf drücken zu dürfen, die ja sogar gesetzlich gefordert und von der korrupten Medizin für notwendig erachtet werden.

Aber dennoch wird sich an unserer aller SItuation, wie verschieden auch die Rechtfertigungen, warum diese oder jenes, dieser oder jensternchen von uns nicht normal, falsch oder störend sei, sein mögen, nie etwas ändern, wenn wir nicht wie heute zusammen kommen, uns zusammen gegen die Unterdrückung von außen, die Fremdzuweisungen, Angriffe und normativen Verordnungen wehrem. uns austauschen, gegenseitig Mut machen und uns zeigen, dass wir eben doch Menschen sind, die fühlen, denken, Fehler machen, etwas besonderes sind und genau deswegen genauso viel oder wenig wert wie alle Menschen auch.

Ich glaube, dass auch wir, die all die Ausgrenzung, Schikane und Vorurteile unseres jeweiligen Umfeld bis hierhin überlebt haben, bis an unser Ende gegen die Gewalt und vorherrschende Normen und Vorurteile kämpfen müssen, ob wir wollen oder nicht. Ich glaube, dass es besser ist, das so oft es geht gemeinsam zu tun.

Wir müssen uns nichts vormachen, nicht alles annehmen, was wir voneinander halten oder erzählen, aber wir sollten trotzdem aufhören, uns gegenseitig zu bekämpfen, mundtot machen zu wollen oder zu glauben, dass es etwas gegen die normative Gewalt helfen würde, wenn wir uns gegenseitig das Recht absprechen, zu sein was wir entweder sind oder sein wollen.

Keiner hat es verdient, ausgegrenzt, verspottet und nicht anerkannt zu werden und wenn schon ein Großteil der Gesellschaft, die gesamte Machtpolitik, die Konservativen, Heteronormativen und viele Staaten uns die Anerkennung und den Respekt verweigern oder unter unmenschliche Bedingungen stellen, dann sollten wir uns daran kein Beispiel nehmen, sondern uns gegenseitig bestärken, zuhören und uns freuen, dass wir alle anders sind als die jeweils andere Person, uns etwas mitzuteilen haben, voneinander lernen können und fähig sind zu Mitgefühl, gegenseitigem Respekt und sogar Toleranz, auch wenn dieser Begriff heute oft ins Gegenteil verkehrt wird und mit Toleranz gegenüber Intoleranz verwechselt. Was Toleranz ist und was nicht, kann man meistens aber spüren, wenn man auf die eigene innere Stimme hört.

Ich verlese jetzt die Namen der diesjährigen Ermordeten vom Oktober 2012 bis Ende Oktober 2013 vor, die auf der Trans Murder Monitoring Liste aufgeschrieben wurden.

(diese Liste ist zu finden unter: http://www.transrespect-transphobia.org ... -12_EN.pdf )

Dear people,
today we are standing here together to memorize of all people whose lives have been victimized because of transphobic, dragphobic or interphobic violence, all people who were murdered worldwide because of their sex, supposedly "gender non typical behavior" or physical speciality in relation to their sex and gender.

This year we are counting 1374 people officially, this number is the biggest number ever and the claim that anything would have changed noticable or the situation of people described as transpeople, drags, inter or wrong assigned people would have become acceptable until now and prejudices and hostility against us would have become less in a signigicant way, this claim is most lately put into doubt when I read out this number of murdered people.

There are thousands of excuses and lies in worldwide powerpolitics, mainstream-media and also amongst us to ignore, relativise or euphemize the violence, exclusion and prejudices against us or to claim that it would fall from the sky, be gods will or natural, but as we see, this social and public lookaway has its effects. It does not only cost our energy, nerves, a big part of our autonomy and our possibility to act in public in a non anxious and self-evident way, it also costs an unnumerable number of human lives.

Today I do not only want to memorialize of all people murdered because of blindness and hate and who are listed on the trans murder monitoring list or make people found groups like "stop trans genocide" because of that, I also want to refer on all the people who did not see any other possibility than to kill themselves because of structural violence, exclusion and the destruction of their social and economical basics.

For one example, In May of this year, the case of 32 year old teacher Lucy Meadows became public. Lucy Meadow was officially mobbed and bullied by Richard Littleton by slander articles in the Daily Mail until she did not see any escape than to kill herself. Her only deed that caused Littleton to chase and convict her was to be born with a penis.

Lucy is not even listed on this report. But you need not to be mobbed and bullied by a public institution or medium to fall into despair, be attacked or loose your work and your hope.

There is also a high number of structures, laws, orders and people which are fighting against us, oppressing us or do as if it would be impossible or wrong to give us equal rights or just all of our human rights, to tread us as normal men, normal women, normal transgenders, genderqueers or any else that we just are and without to put etiquettes on us like "gender identity disorder", "born as a woman", "unnormal", "pervers" or "sexual free gift"

Now there will be a musical performance by Zustand D. that shall express the sadness, anger and frustration about this memorial. Afterwards I will read out the names of all murdered people and ask you for memorial. Thank you.


Today I will read out the names of all these people who were victimised because of transphobic, dragphobic or interphobic murder and reported during october 2012 until october 2013, this is not the whole number, it is supposedly only a little rate of them all, but with this we want also memorize all other ones who died before, without beeing reported or because of similiar reasons like structural violence.

Before I will read out the names of all murdered and reported persons of this year and ask you to memorial, I like to remember that we all have the same fate and that we therefor are a community. We are all suffering structural and often also direct violence because of our bodies, our sexes, genders, outfits or similar things.

It is claimed that we would be ill, unnormal or that we would want to be different and all this maybe since we can imagine.
Sure, we will not have the same opinion how to define sex in general, maybe most of us do not want to be categorized into one group and that there will be stated differences between us and other people that our sex is not accepted because of our bodies or that any sex or gender isn´t accepted officially, but I think that it is very important that we notice that we are all sharing this problem of social discrimination because ot laws, orders, definitions and other manmade forms of repression.

We should encourage each other and show, that everyone of us is a human beeing that feels, thinks, makes mistakes and is something special and because of that exactly as worthful as any other person is. We should stop to fight each other, try to silence each other or think that it would help against the outward violence if we try to take away each other´s right to be what we either are or want to be. Nobody deseves to be excluded, mocked at or be disrespected and unaccepted and if yet a big part in society, the whole power politics, mosz conservatives, heteronormatives and many states deny to show us respect, acceptance and support or only under conditions which are unhuman, we shouldn´t take an example by this but to support each other, listen to each other and learn by each other. You can understand the meaning of tolerance and respect, if you listen deep inside yourself.
two biological sexes = one manmade lie
http://antigenitalistischeoffensive2013.tumblr.com/

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Re: Rede zum Transgender Remembrance Day 2013 (Berlin, Zara

#2 Beitrag von ZeroPassing » Donnerstag 5. Dezember 2013, 15:23

two biological sexes = one manmade lie
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