Einsamkeit ein Trannyproblem?

Probleme in der Partnerschaft, Outing und Alltag, Kontakte und Beziehungen
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Luisa
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Einsamkeit ein Trannyproblem?

#1 Beitrag von Luisa » Sonntag 13. Februar 2005, 16:59

Liebe Forumsgurösen

Einsamkeit, ein Wort das zu oft in Transgenderforen auftaucht. Somit stellt sich mir die Frage wieso ständig dies Wort auftaucht im Selbsterleben des TG-Alltags.

Erstmals zur Vorgeschichte
Ich als gesellige südländisch erzogene Person schien nie zu begreifen wie die Menschen so zurückgezogen hier leben konnten. Doch über die Jahre hinweg lernte ich diesen Umstand zu akzeptieren und baute ein Umfeld auf wo Geselligkeit gelebt gar zelebriert wurde. Nur 1 Jahr, meines Lebens lebte ich alleine in meinen vier Wänden. Die grösste Zeit, 20 Jahre von 39 Lebensjahren, verbrachte ich Wohngemeinschaften. Heute lebe ich mit Silky, meiner Partnerin, umgeben von vielen Gästen, zusammen.

Mir scheint abzugehen wieso Menschen sich einsam fühlen obschon die Kommunikationsmittel enorme Vereinfachungen im Kennenlernen und im menschlichen Austausch einbringen?

Gerade Transsexuelle klagen immer wieder über diese erfahrene Einsamkeit, ist Einsamkeit ein spezifisches Transsexuellenproblem oder trifft dies auch auf breite Gesellschaftsschichten zu?

Wir, Transgender als Sammelbegriff, gehören zu der zweitbest vernetzter Rand-Gruppe, nach den Gays. Da frag ich mich wozu diese Vernetzung dient?

Freue mich auf Reaktionen.

Liebi Grüessli

Luisa

TV_Vicki
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#2 Beitrag von TV_Vicki » Sonntag 13. Februar 2005, 17:01

Hoi zäme

Also meine Meinung ist, das das Wort Einsamkeit einfach viel zu häufig missbraucht wird. Es wird als Entschuldigung gebraucht, wenn man seine eigene Persönlichkeit nicht richtig leben kann und will.
Und dies betrifft sicher nicht generel Transgender.

Einsam ist doch jemand der wirklich ohne Kontakt irgendwo in einer Gletscherspalte lebt und sein Süppchen kocht.

Zu mir kurz:
Ich bin doch eher ein Einzelgänger aber bei mir kommt in 10 Jahren vielleicht mal etwas Einsamkeit hoch. Es ist mir deshalb ein Rätsel wieso aufgestellte Leute mit vielen Kontakten über dieses "Problem"sich den Kopf zerbrechen.

Martina
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#3 Beitrag von Martina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:03

Hallo Mädels,

Ich glaube, dass ihr das Thema Einsamkei ein wenig pauschal abhandelt. Ich finde es gibt sehr verschiedene Formen und Ausprägungen von Einsamkeit. Ich glaube nicht, dass man nur dann von Einsamkeit sprechen kann, wenn man alleine in einer Gletscherspalte sitzt. Jeder muss selber wissen wie viel Einsamkeit er verträgt, oder auch braucht. Man sollte das durchaus ernst nehmen, wenn jemand sagt, er sei einsam. Niemand sagt so was gerne von sich.
Ausserdem hängt Einsamkeit auch nicht von der Anzahl Freunde ab. Man kann viele nette Freunde haben, aber niemanden, dem man von seinen Problemen erzählen kann und der sie auch zu verstehen versucht. Auch dann kann man sich wohl einsam fühlen. Ausserdem ist noch lange nicht jeder, der sich nach aussen locker und aufgestellt gibt es auch wirklich.
Auch Singles können sich einsam fühlen, auch wenn sie tausend Arbeitskollegen haben.

Ob Transsexuelle öfters einsam sind, weiss ich nicht. Ich könnte mir aber schon gut vorstellen, dass die Tabuisierung der TS damit einen Zusammenhang hat. Auch haben wohl alle Ts auf ihrem weg mit einigen Problemen, z.b. Identitätsproblemen, zu kämpfen. Tendenziell fühlen sich Leute mit Problemen wohl eher alleingelassen, als solche, denen es gut geht. Das heisst natürlich nicht dass das so sein muss.

In letzter Zeit wird auch viel darüber gesprochen, dass ahnscheinend immer mehr, z.b. alte Leute, vereinsamen. Vielleicht bringt unsere moderne Lebensweise auch eine grössere Gefahr zu vereinsamen mit sich. Die grosse Mobilität und die Anforderungen in der Berufswelt bewirken, dass wir unser Umfeld viel öfters wechseln als früher. Auch ziehen viele TS, wie ich wohl auch,  eine gewisse Anonymität und Distanz zu ihrem alten Freundeskreis vor, um ihre Transsexualität auszuleben. Auch das kann wohl zu Einsamkeit führen.

Noch was zum Internet. Mir persönlich hat das Internet sehr geholfen. Ohne Internet würde ich den Stammtisch vielleicht noch nicht kennen. Für mich ist das Internet vor allem als Informationsquelle interessant, aber zum kommunizieren mag ich es nicht besonders. Ich mag ein persönliches Gespräch viel lieber. Auch hilft mir das Internet wenig, wenn ich mich einsam fühle. Das internet ist für mich dafür zu anonym, zu unpersönlich.

A vous...

Dina
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#4 Beitrag von Dina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:09

Re: Einsamkeit ein hallo Luisa

vielen TS ist es (vor allem in früheren Jahren) so ergangen, dass sie nach dem Coming-out aus ihrem Umfeld rausgeflogen sind, weil niemand das akzeptieren konnte. So auch ich. Und sie haben auch oft nicht die Kraft gehabt, ein neues Umfeld aufzubauen, und sind daher oft allein gewesen, speziell während des Alltagstests und der Hormonphase. Wer in der Zeit aussieht wie ein Männlein-Weiblein-Verschnitt stösst auf Verunsicherung bei beiden Geschlechtern.
Wer dann noch selber verunsichert ist durch das eigene Aussehen und nicht sehr selbstbewusst ist, dürfte auch schwer neue Kontakte knüpfen können. Dass da jemand einsam ist, verwundert mich jedenfalls nicht.

Grüessli Dina

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Luisa
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#5 Beitrag von Luisa » Sonntag 13. Februar 2005, 17:19

Werte Dina

Einsamkeit, ein Gefühl das auch ich bestens in Erinnerung habe. Dies liegt jedoch weit hinter meinem Outing zurück. Die Jahre als Mann, etwa 30 in der Zahl, waren für mich Jahre der Einsamkeit. Vielleicht war ich einsam weil ich nie so recht die männliche Rolle leben konnte. Ich mag mich an meine früheste Kindheit erinnern, Zeiten des Kindergartens, wo ich kaum Anschluss zu den Buben fand da mir diese zu rau und ungehobelt erschienen und genauso entwickelte sich auch kein Kontakt zu den Mädchen  da ich eben zur Spezies "Junge" gehörte.

Vielleicht waren es meine defizitären Deutschsprachkenntnisse, bedingt durch eine spanische Erziehung, die mich als Kind zusehens zum Ausländer machten, was ich ironischerweise nicht war.

So kamen anschliessend Zeiten in denen ich die männliche Rolle ad absurdikum lebte und auch diese Zeit war hauptsächlich geprägt durch Einsamkeit.

Erst Jahre später, ein stückweit verbunden mit dem zulassen meiner weiblichen Identität, schien ich an Ruhe und Gelassenheit zu gewinnen, was den Kontakt zu dem Mitmenschen eindeutig erleichterte.

Rückblickend auf die Zeit des Outings und der vielen Jahre zuvor in denen ich Tags als Mann arbeitete und abends als Transvestit mich hinauswagte erinnere ich mich an eine Zeit voller Entdeckungen und neuer Bekanntschaften, eine Zeit des Aufbruchs und der Liebe. Die Erkundung des Internets, der Techno und Technologiebewegung, eröffnete neue Wege des Erkennens meiner selbst. Meine anfänglich gehegte Angst vor der Vereinsamung nach dem Outing schien sich in keiner art und weise zu bestätigen im Gegenteil meine Sozialkontakte auch ausserhalb der Trannyszene nahmen zu.

Und Heute, nach bald 40 Lebensjahren, bin ich zur Überzeugung gelangt das ich definitiv als Frau leben möchte. Denn als Luisa bin ich in der Gesellschaft offensichtlich viel integrierter als ich dies je vorher als Luis war.

So sei jeder Mensch ein Individuum mit seiner ganz individuellen Geschichte. Anhand verschiedener gelesener Forumsbeiträgen schien mir dass meine spezifische Geschichte eher eine Ausnahe darstellte was mich zu dieser Themeneröffnung animierte.

Liebi Grüessli

Luisa

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#6 Beitrag von Luisa » Sonntag 13. Februar 2005, 17:20

Nachtrag

Als möglicher Weg die Einsamkeit in unseren Kreisen anzugehen sei unser Treff am letzten Freitag im Monat zu empfehlen. Da namentlich dieser Freitag wieder zu dem letzt monatlichen gezählt wird heisse ich Euch alle Willkommen am Stammtisch des Transensyndikats.

Treffen tuen wir uns am Freitag ab 20:00 Uhr im Hot Pot an der Badenerstrasse 138 8004 Zürich. Weitere Infos auf: http://www.transensyndikat.net/stamm.html

Liebi Grüessli

Luisa

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#7 Beitrag von Dina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:21

hallo Luisa

leider ist Zürich etwas arg weit weg...

für mich ohne Auto... oder GA... wird etwas teuer, und Geld habe ich auch nicht en masse...

grüessli Dina

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#8 Beitrag von Dina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:25

hallo Silky

wohnt jemand mit Auto in der Ostschweiz,z.B. St. Gallen? Was ans Benzin zahlen könnte ich noch...

Suche ohnehin Gleichgesinnte in dieser Gegend...

Grüessli Dina

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#9 Beitrag von Luisa » Sonntag 13. Februar 2005, 17:29

Werte Dina

Werte St. GallerInnen

Falls der Stammtischbesuch an den Fahrkosten scheitern sollte bin ich gerne bereit mich an diesen finanziell zu beteiligen. Ansonsten sei auch mir niemand bekannt aus der Ostschweiz Region St. Gallen.

So solle dies Post als Anregung für alle St. Gallerinnen gelten um unsere Dina auf dem Weg zum Stammtisch schnell abzuholen.

Liebi Grüessl

Luisa

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#10 Beitrag von Andrea » Sonntag 13. Februar 2005, 17:31

Werte Mädels

Ich würde ja Dina sofort mitnehmen wenn ich ein Auto hätte, da sie ja in der selben Ecke wohnt aber da ich eine Anhängerin des öffentlichen Verkehrs bin ist das leider nur schwer möglich

Liebe Grüsse

Andrea

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#11 Beitrag von Dina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:32

hallo Andrea

dass Du in der Nähe von Herisau wohnst, wusste ich...

Aber dass Du kein Auto hast auch... sonst hätte ich gleich Dich gefragt ;) Aber trotzdem alles gute

Grüessli Dina

PS. Leider ist es so, wenn man an der IV hängt... man verhungert grade eben nicht...

Dina
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#12 Beitrag von Dina » Sonntag 13. Februar 2005, 17:33

hallo Luisa

mit der guten Vernetzung unter TS ist es eben so ne Sache... wir sind wohl untereinander vernetzt, aber gegen aussen, zu den "Normalos" da haperts oft. Ich selber habe damit kein Problem, mich unter die Leute zu mischen und auch zu sagen, was mit mir los ist, aber andere scheinen sich zu verstecken. Habe schon öfter gehört, dass da noch jemand sei konnte aber dann nichts Genaueres herausfinden.

Grüessli Dina

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#13 Beitrag von Luisa » Sonntag 13. Februar 2005, 17:36

Werte Dina

Es ist beachtlich wie viel transsexuelle Themen etwa im Internet behandelt werden. Von denen durchschnittlich 450 Betrachter Täglich die meine Luisa.net-Seiten anschauen sind längst nicht alle Transsexuell und ich bin nur ein Kleinstteilchen einer immensen Informationsflut. So war ich oftmals überrascht wie viel Personen aus meinem Arbeitsumfeld zur Thematik Transsexualität wussten.

Doch leider entstehen zu oft Negativbilder durch die Massenmedien impliziert. Da sind wir als gelebtes Beispiel einer möglichen Transsexuellenbiografie gefragt.

Ich bin längst nicht die Person die allen meine Geschichte und meine Wandlung auf die Nase bindet doch fragen ist erlaubt und Fragen entstehen etwa bedingt durch den Klang meiner tiefen leider doch sehr männlichen Stimme.
Was den Umgang mit den Mitmenschen anbetrifft so hatte ich nie sonderlich Schwierigkeiten. In der Regel mögen mich die Menschen, na ja Polizisten bestätigen die Regel. Als Frau verstärkte sich tendenziell die Sympathie mir gegenüber, was ich teilweise einer gewonnenen inneren Ausgewogenheit zuschreibe. Jene, zum glück sehr wenige, die in irgendwelcher Form ein Problem mit mir zu haben schienen, sprach ich direkt an um etwelche Missverständnisse zu beseitigen was hin und wieder gedankliche Felsen zu versetzten vermöchte. Und zu aller letzt gibt´s auch jene Menschen die mit Vorurteilen kommen und trotz des Fussligredens meinerseits mit den genau gleichen Vorurteilen wieder gehen. Doch die Spezies der Nichtkapierenden ist zu guten Glückes relativ klein.

Liebi Grüessli

Luisa

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